Eiko Borcherding | Neue Zeichnungen

Ausstellung vom 17.5. - 11.6.2022

Gehaltvoll und spannungsgeladen sind Eiko Borcherdings Bilder, in denen er Lebewesen und andere Elemente der Natur, wie Tierköpfe- und körper, oder den Mond für den Betrachter leibhaftig, unheimlich und zugleich verführerisch werden lässt.


Haut, Haar, Gefieder und Augen u.a. erarbeitet der Künstler in feinsten Bleistiftstrichen und -schraffuren. Und er setzt die Körperteile, teils Kadaver, zu ganz neuen amorphen Gebilden zusammen, spielt dabei mit dem Schnitt. Auch den Menschen und seine Hülle thematisiert Borcherding, und verkörpert mit seinem Zeichenstift, gekonnt stofflich, beispielsweise ein Kleidungsstück.Seine Zeichenkunst inszeniert er auf antiken, collagierten Papieren.

Der eine sagt, nach einigem Anschauen der Blätter: Das sind Naturstudien. Der andere sagt: Ich erkenne alles wieder, mir ist vor meinen Augen nichts verrätselt, die Tiere sind aber halbiert, geviertelt, geachelt, die Tiere sind unvollkommen aufgenommen in die Welt...Sehen sie denn nicht die Verzweiflung im aufgerissenen Schnabel eines Vogels? 

Aus: Ohne Titel von Feridun Zaimoglu, Oktober 2021


Der Wunsch des Menschen, die Tiere zu verstehen, ist alt. Über Jahrhunderte prägten Malerei und grafische Darstellungsverfahren die grundlegenden Vorstellungen über die Tierwelt. In der Renaissance wurden Tiere zu eigenständigen Bildthemen. Bis heute ist Dürers Feldhase eine Ikone der Tiermalerei. Die Kombination aus Fantasie, Lektüre und unmittelbarer Anschauung ist kennzeichnend für Bestiarien und zoologische Enzyklopädien, die den Artenreichtum der Tierwelt kartografieren; Exoten und Fabeltiere sind genauso realistisch dargestellt, wie heimische Tiere. Dabei sind die täuschend lebensechten Abbildungen kein Selbstzweck, sie belegen vor allem die künstlerische Fähigkeit des Menschen.

Auf die Frage nach der Schnittstelle, an der das Menschsein aufhört und das Tiersein beginnt, antwortet die antike Mythologie mit ihren hybriden Kreaturen. Diese Mischwesen verunsichern, denn sie lassen uns spüren, dass die Grenze offen ist …
So zu sehen auch in den Zeichnungen von Eiko Borcherding.

Wie nah und wie fremd sind sich Mensch und Tier? Aktuell wird die massenhafte Tierverwertung kritisch reflektiert und über Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen nachgedacht.